Konzept HDJ Großlohe

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0. Selbstbild/ Trägerdarstellung

Vor allem bei Kindern und Jugendlichen vollzieht sich der Normen- und Wertewandel in unserer Gesellschaft nicht ohne Spuren. Zwischen den erwarteten Anforderungen und den vorhandenen Kompetenzen scheint die Balance gestört und bedarf auch einer Inventur der Sichtweise von Integration, die sich auf dem Wege globaler Konkurrenz zu bewähren hat.

Unter diesem Anpassungskonflikt wachsen die sog. "Drop-Out-Quoten" immer sichtbarer nach oben, d.h., dass mittlerweile selbst Hauptschüler mit einem durchschnittlichen Abschluss aber auch Realschüler zunehmend als Benachteiligte auf der Strecke bleiben. Ohne Starthilfen und Begleitungen versickern junge Schicksale oft in Warteschleifen der Förderungsversuche und werden auf diesem Wege schon im Zenit ihrer Persönlichkeitsentwicklung mit einem Leben als Sozialhilfeempfänger konfrontiert. 

Eine rechtzeitige und vor allem den Sozialisationsrahmen berücksichtigende Begleitung der Kinder, Jugendlichen und Jungerwachsenen kann diesen Selektionsmechanismus abfedern und eine individuelle Förderung in eine selbstbestimmte, kritische und gesellschaftlich integrierte Existenz der jungen Menschen einleiten. Auf die Sozialarbeit kommen dabei neue und nicht einfache Aufgaben zu.

Die ganzheitliche Förderung unter besonderer Würdigung der Bedürfnis- und Soziallage der Klientel zeigt mehr als zuvor den Weg in eine orientierende Richtung. Eine sozialräumliche Förderung scheint derzeit notwendiger denn je zu sein. 

Unter dem Anforderungsdruck haben sich Symptome von Hyperaktivität und ADS besonders deutlich herausgebildet. Gesicherte sozialmedizinische Zusammenhänge des Konflikts zwischen einer sprunghaften Zunahme der Anforderungen einerseits und den vorhandenen Ressourcen, individuellen Kompetenzen und Bedürfnissen andererseits, werden oft mit dem Griff nach Psychopharmaka (Ritalin) beantwortet; als unerklärte Ohnmacht, mit den veränderten Bedingungen von Anforderungen und Kompetenz reflektierend und für die Betroffenen fördernd umzugehen. 

Die Institution Schule ist oft mit ihrer tradierten Didaktik und Methodik überfordert und scheint ihren Platz als Lern- und Lebensort mehr und mehr zu verlassen. Die PISA-Studie verstärkt den Konkurrenz- und Leistungsdruck bei Lehrern, Schülern und Eltern gleichermaßen. 

Die politisch postulierten Auswege sind durchweg dürftig. Der Lernort Schule verkümmert mehr und mehr in dem Versuch, sich als Leistungsanstalt für das Arbeitssystem zu präsentieren und selbst in Kindergärten werden zunehmend funktionale Qualifikationen abgefordert, ohne das Personal in bildungspolitischen Reformen auf die erweiterten Aufgabenfelder ausreichend vorzubereiten.

Folgerichtig wächst die Zahl der benachteiligten Kinder und Jugendlichen und besonders die Straßensozialarbeit, die traditionell flexibel und innovativ unter Beibehaltung der Förderung ihrer wachsenden Klientel auf neue Impulse zu reagieren verstanden hat, ist in der gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen Situation besonders herausgefordert.

Die Sozialarbeit der Straße wird zunehmend zur Auffang- und Anlaufstation für "Drop-Outs", um bei den "Fragenden" Ressourcen zu wecken und sie orientierend zu begleiten auf dem Weg in eine selbstbestimmte Existenz. In unserer Einrichtung ist dies ein innerer Auftrag, der immer wieder hervorragend gelingt.

Was Ausbildungsbetrieb, Schule, Elternhaus, Jugendämter und Kindergärten an integrierenden Sozialisationen nicht zu leisten vermochten, wird zunehmend in der Sozialarbeit auf der Straße bewegt.

Ein Haus der Jugend in Großlohe als Ort und Hort der nach Orientierung und Integration suchenden Kinder und Jugendlichen betrachten wir als Ausgangslage für weitere Förderungen in unseren bestehenden Angebotsmodulen. 

Vielen unserer Jugendlichen und Kinder ist ein Zuhause als behütender Ort fremd geworden oder geblieben. Die Ursachen sind vielseitig. Es geht nicht darum, die Ursachen zu ergründen, sondern den Kindern und Jugendlichen zu helfen. Präsent zu sein in einer von ihnen empfundenen konkreten Krisensituation. Sie anzunehmen, wo und wie sie sind und in Folgeschritten das mögliche institutionelle Spektrum für weitere Förderungen in den Biographieverlauf einzubeziehen. 

Es geht auch nicht darum, Verhaltensauffälligkeiten der Jugendlichen und Kinder in unserem Sozialraum zu bewerten oder Schuld zuzuweisen. Stigmatisierung führt oft zur endgültigen Verweigerung und lässt keinen Raum mehr für Begegnungen und individuelle pädagogische Begleitung.

Unser ganzheitlicher Ansatz erweitert das pädagogische Handlungsspektrum deutlich über die Grenzen sozialpsychologischer Diagnostik hinausgehender Maßnahmen gerade durch die Reflektion gesamtgesellschaftlicher, regionaler und sozialräumlicher Analysen. Gerade aus diesem Focus heraus werden uns nicht nur die sozialökonomischen Produktionsgesetze, die Benachteiligungen herausbilden, sondern zugleich auch die Mittel und Wege der individuellen Förderung der Klientel deutlicher. 

Mit diesem reflektierenden Ansatz hat unsere Straßensozialarbeit nachhaltige Erfolge erzielt. Voraussetzung dafür bleibt eine entromantisierte Leidenschaft, den "Drop-Outs", den Menschen draußen vor der Tür, die Tür zu öffnen, ihnen zuzuhören, sie besonders in Zeiten tiefster Krisen zu begleiten und ihnen behilflich zu sein bei der Herausbildung selbständiger, kritischer und integrierter Persönlichkeiten.

Durchgängige methodische Instrumentarien sind dabei kaum möglich. Produktionsgesetze von Benachteiligungen haben keine empirische Logik. Sie sind und haben aber eine Geschichte, die sich oft äußert in dem Konflikt zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Sehnsucht nach Zuwendung und den Erfahrungen, vor der Tür stehen zu müssen, zwischen Angst und Hoffnung, zwischen Resignation und Gewaltbereitschaft. 
Auf diesen Kategorien des Konflikts mit all seinen sozialökonomischen Ursachen, den sozialpolitischen Steuerungsversuchen und den Auswirkungen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen vor Ort bewegt sich unsere soziale Arbeit der Straße.

Trotz geringer materieller und personeller Ausstattungen haben wir in den letzten 20 Jahren eine Straßensozialarbeit kreiert, die nicht nur überregionale Aufmerksamkeit in sozialpolitischen Fachkreisen gewonnen hat, sondern vor allem auch im Sozialraum selbst eine erfreuliche Bilanz aufweist.

Nicht ohne Stolz blicken wir auf die unzähligen jungen Menschen in unserem Sozialraum zurück, die sich von der Straße aus mit der nachhaltigen Begleitung und Betreuung unserer Einrichtung als Facharbeiter, Selbständige, Fachhochschul- und Hochschulabsolventen in das Lern- und Leistungssystem einfinden konnten und als integrierte aber nicht überangepasste Persönlichkeiten ihren Weg eigenständig und selbstbestimmt zu gehen gelernt haben. 

Dies ist ein Maßstab dafür, dass unser Weg bei allen vergangenen und gegenwärtigen sozialpolitischen Verteilungsmodellen und Steuerungsinstrumenten in unserer freien und Hansestadt Hamburg, von der Budgetierung, der outputorientierten Steuerung bis hin zur Fehlbedarfsfinanzierung der Sozialpolitik vor Ort in die richtige Richtung zeigt.

Auf die o.g. Ergebnisse unserer Arbeit blicken wir vor allem deshalb mit Stolz, weil der Dialog zwischen den von uns betreuten Kindern und Jugendlichen und uns zeigt, dass wir sie und sie uns offensichtlich verstanden haben.

Uns scheinen diese Vorbemerkungen notwendig zu sein, um Ihnen die Schnittstellen unserer Arbeit in dem Sozialraum Großlohe/ Rahlstedt zu schildern. Auch, um Ihnen die Dimensionen erweiterter Fördermöglichkeiten der Klientel im Haus der Jugend Großlohe als "Basisstation" vorzustellen.

1. Soziale Kompetenzen herausbilden und trainieren

Wie in unserer übrigen Arbeit, wird für uns auch im Haus der Jugend Großlohe die Vermittlung sozialer Kompetenzen als Schlüsselqualifikation im Mittelpunkt unserer dortigen Arbeit stehen. Dabei können wir auf lang erprobte und bewährte Methoden und Instrumentarien unserer Arbeit im Sozialraum zurückgreifen. 

Unsere Kenntnisse der sozialökonomischen Infrastrukturen und der Soziallage der Familien in Großlohe kommen uns bei der Leitung des Hauses der Jugend in Großlohe weit entgegen und geben dem Betrieb des Hauses der Jugend gleichfalls neue Impulse.

Anders als im bezirksamtlichen Tableau der Trägerausschreibung für das Haus der Jugend Großlohe unter dem Punkt 3.a dargestellten Altersdifferenzierung, in der die Gruppe der Kinder von 0 bis einschließlich 7 Jahren nicht berücksichtigt ist, wollen wir, um insbesondere Heranwachsende und Jungerwachsene ausreichend betreuen zu können, auch die Kinder der Heranwachsenden und jungerwachsenen Mütter in unser Konzept einbeziehen. Unser ganzheitliches Verständnis erfordert es, die zunehmende Zahl der ledigen Mütter in dieser Altersgruppe und ihre Kinder in unser Beratungs- und Betreuungsprogramm einzubinden.

Für diese jungen Mütter ist dies eine Chance, soziale Kompetenzen im Umgang mit oft unerwartetem und ungewohntem Rollenwechsel zu üben und für die betroffenen Kinder ist es vor allem ein Weg in die Rechtzeitigkeit der Förderung.

Auf diesbezügliche konkrete Angebote kommen wir in Punkt 2 zurück. Je früher die Begleitung der Klientel einsetzt, um so günstiger scheinen die Sozialprognosen für die Betroffenen zu sein. Für uns ein Hauptgrund schwangere Jugendliche, Jungerwachsene und junge Mütter auch im Haus der Jugend Großlohe in unsere Betreuungs- und Beratungsangebote einzubeziehen.

Für die Altersgruppe der 8 bis 18-jährigen sowie für die Gruppe der Jungerwachsenen, versprechen wir uns in unserem Programm:"Learning by doing" einen Zuwachs an sozialen Kompetenzen bei unserer Klientel. 

In den Punkten 2 und 3 werden wir auf diesbezügliche praktische Angebote näher eingehen.

Wir beobachten in unserem Sozialraum - wie auch gesamtgesellschaftlich - einen deutlichen Zuwachs an Müttern im Jugendalter, besonders bei der Statusgruppe schulisch und sozial Benachteiligter. Ob nun hier familiale Defiziterfahrungen eine Sehnsucht nach Geborgenheit, Familie und Integrität hervorgebracht haben, oder ob die Institution Schule in ihrer Aufklärungsarbeit überfordert ist, bedarf unsererseits zunächst keiner tieferen Analyse. 

Wir haben in unserer konkreten Arbeit stets mit Ergebnissen gesellschaftlicher Zustände zu tun und den Hilfesuchenden Wege der Integration zu zeigen. Eines jedoch scheint in der Statusschicht von benachteiligten Müttern deutlich: 

Sie lieben ihre Kinder, wie alle Mütter ihre Kinder lieben und suchen nach akzeptierenden und solidarischen Begleitungen, damit sie und ihre Kinder sich in der Gesellschaft orientierend zurechtfinden können. Das ist das Mindestmaß, an dem wir den jungen Müttern in unserem Sozialraum und auch im Haus der Jugend Großlohe unter unserer Regie und mit unseren Angeboten auch außerhalb des Hauses der Jugend behilflich sein wollen und werden.

Die Integration dieser Teilgruppe unserer Gesamtklientel in unser sozialräumliches Gesamtkonzept mit den bewährten Beratungs- und Betreuungsmodulen ist eine Chance, die ganz Kleinen mit ihren Elternteilen abzuholen und ihnen Wege in ein selbstbestimmtes Leben zu zeigen.

Die Förderung der sozialen Kompetenzen unserer Kinder und Jugendlichen ist auch Aufgabe der hanseatischen Sozialpolitik. Dass durch eine unzureichende politische Würdigung der Benachteiligten und ihrer Herkunftsfamilien in unserem Sozialraum die sozialpädagogischen Interventions- und Integrationschancen abnehmen oder erschwert werden, dürfte klar sein. Dies ist bereits in der rot-grünen Koalition mehr als deutlich gewesen.

Damit verändert sich gleichzeitig auch der motivationale und bildungsbiographische Zustand der Klientel und belastet die soziale Arbeit der Straße erheblich. 

Das auf diesem Wege eine ganze Generation in die Sozialhilfe entlassen wird und dabei oft familialen Traditionen folgt, darf weder übersehen noch hingenommen werden. 

Hier wächst ein erheblicher sozialer Sprengstoff, der ohne eine systematische Integration- und Interventionsspolitik und ohne eine Erweiterung der Angebote vor Ort eine eigene Dynamik erhält, die sich unkontrolliert entfalten kann. 

Eine Gesellschaft, die einen beträchtlichen Teil ihrer Jugend ohne Zukunft der Sozialhilfe überlässt, ist eine zukunftslose Gesellschaft.

So mancher 14 bis 15-jährige "Schulverweigerer" kann durch eine rechtzeitige und differenzierte Förderung im Rahmen der Angebote der Straßensozialarbeit und im Haus der Jugend Großlohe soziale und auch schulische Defizite abbauen und dabei soziale Kompetenzen als positive Antriebskraft entdecken, um sie in den Lern- und Arbeitssystemen zu entfalten.

1.1 Unsere offene Kinder- und Jugendarbeit

Kinder- und Jugendarbeit gerät zunehmend unter den Anpassungsdruck von Lernen und Leistung. Kinder haben immer weniger Zeit, spielerisch lernend, die Welt zu entdecken in allen Ecken und den eigenen Standort zu begreifen. Früh schon werden sie institutionalisiert, lernen Familie im traditionellen Sinne meist nicht kennen.

In allen Statusschichten unserer Gesellschaft haben Eltern füreinander und für ihre Kinder immer weniger Zeit. Das existenzielle Leben ist so fordernd, dass Erziehung immer weniger Raum lässt für (auch anstrengende) Begleitung. 

Aus der postrevolutionären Zeit der Sowjetunion z.B. sind die psychopathologischen Symptome einer "verstaatlichten" Familienpolitik weitgehend bekannt. Die Folgen der Kinder- und Jugendpolitik in unserer Zeit der "Entstaatlichung" dagegen, sind noch offene und künftig zu beantwortende und zu klärende Fragen. 

Die Grundfrage einer jeden, auch unserer Gesellschaft, ist: "Wie begegnen und begleiten wir unsere Zukunft bzw.(!) unsere Kinder und Jugendlichen?" Entledigen können und dürfen wir uns unserer Zukunft nicht. Was wissen wir denn eigentlich von den Kindern und Jugendlichen, von den Beweggründen, die sie auf die Straße treiben? 

Dürfen wir stolz sein, wenn sie mit ihren großen Fragen zu uns kommen und nach Auswegen suchen? Wir erwarten nicht, dass sie sich erklären. Sie sind da, wir sind da und schauen nach vorn mit ihnen. 

Die Gründe, die sie auf die Straße treiben, analysieren wir (mit ihnen) nicht; nur die Wege und Möglichkeiten, die ihnen ein inneres und äußeres Zuhause geben.

Unsere Sozialarbeit der Straße ist offen für alle Kinder, Mütter, Väter, Jugendlichen und Jungerwachsenen, die uns getrennt oder gemeinsam aufsuchen. Integration ist das Wesen von Straßensozialarbeit. Differenzierte, Selektierte und Drop-Outs kommen schließlich bei uns an, zögernd manchmal und verzweifelt oft, auch aggressiv und selbstherrlich im Glauben, den Stigmatisierungen entronnen zu sein, integrationsbereit aber letztlich und wir suchen gemeinsam Wege aus dem vorgestellten Dilemma, um ihnen Richtungen in den Resten der christlich-humanistischen Postulate unserer Gesellschaft zu geben.

Sie kommen zu uns ohne Werbekampagnen und ohne behördliche Laufzettel. Wir versprechen ihnen nichts, als in ihren Ressourcen zu blättern und gemeinsam nach einem würdigen Platz in unserer Gesellschaft für sie zu suchen.

Viele kommen, aus allen Schichten und begegnen uns in unserer sozialen Arbeit der Straße. Wir sehen ihr Wachstum in der Begegnung und Begleitung, sind beteiligt an den Korrekturen ihrer Wege, freuen uns auf gelungene gesellschaftliche Integrationen der Begegnungen und übersehen auch nicht, dass Fragen auf der Straße wachsen, wie die Statistiken der "Drop-Outs" im sozialwissenschaftlichen Schrifttum, ohne nachhaltig von der Sozialpolitik berücksichtigt zu werden.

Wir hoffen, mit den o.g. Fragmenten von Erfahrungsbildern ein Verständnis von Sozialarbeit auf der Straße und dem Aspekt: "Offene Kinder- und Jugendarbeit" vermittelt haben zu können. 

1.1.1 Der Druck nimmt zu

Insbesondere für Jugendliche im Ausbildungsalter (16 bis 18 Jahre) nimmt der Selektionsdruck hierzulande deutlich zu. 

Jugendliche und Jungerwachsene mit schulischen und sozialen Defiziten (die Analyse eines Korrelationszusammenhangs wollen wir hier nicht wagen) bleiben auch nach verschiedenen Warteschleifen-Angeboten staatlicher und nichtstaatlicher Förderungen beruflich unversorgt auf der Strecke.

Das duale System in unserer Republik vermag Benachteiligte in unserem Lande nur als Billigstlohnempfänger zu integrieren. Neu kreierte Helferberufe an den Rändern des dualen Systems bieten den jungen Menschen hierzulande kaum eine langfristig gesicherte Existenz.

Sowohl die Inlandskonjunktur als auch die außereuropäische Außenhandelsbilanz zeigen in den Margen des Dax und des Dow Jones die Folgen der Abhängigkeit und Integrität im internationalen Währungs- und Kapitaltransfergeschehen. 

Wie der Dow Jones in den Achttausender-Punkte-Grenzen herumdümpelt, zuckt der Dax an der "ökonomisch-psychologischen" dreitausender Punkte-Grenze herum, sich im internationalen Wirtschaftsgeflecht von der Dollar-Dominanz zu befreien. 

Die Erkenntnis indes: Es wird keinen emanzipierten europäischen Wirtschaftsraum geben, auch wenn der den $ bisweilen in die Schranken weist. Strukturen sind auch Abhängigkeiten und Abhängigkeiten bilden Strukturen heraus. 

Sie mögen fragen, was die internationale Währungskrise und Arbeitsteilung denn nun mit der konkreten Förderungspolitik unserer Kinder und Jugendlichen im Sozialraum Rahlstedt/Großlohe zu tun hat? 

Sehr viel; denn dem New way of life in der Förderung von Benachteiligten nach amerikanischem Vorbild zu folgen, wie der Dax dem Dow Jones gehorsam zu folgen bereit zu sein scheint, bedeutet auch, ein hierzulande gewachsenes und bewährtes Verständnis der Förderung von Benachteiligten aufgeben zu müssen! 

Auch diesbezüglich ist unser Verständnis ein "own way of life and future"! Regional differenzierte Bedarfe und Angebote sind kaum erkennbar. Strukturschwache Regionen finden zu wenig Berücksichtigung. Gleichzeitig wächst der Anteil der Benachteiligten in den Sozialräumen mit teils recht negativen Folgen.

Ein erheblicher Bedarf besteht künftig in einer Strukturanalyse, in der Bündelung, Vernetzung und Präsentation der Aufgaben vor Ort und in der Konzentration dieser Aufgaben unter der Regie der letztmöglichen Basisstationen der sozialen Arbeit der Straße im Sozialraum, um rechtzeitiger und effektiver destruktive Muster der Klientel abwenden zu können. 

Der politische Konsens scheint zu bröckeln über dem rasch wachsenden Berg von schulisch und sozial benachteiligten und unbegleiteten Kindern und Jugendlichen. Gewaltbereitschaft und Politikgleichgültigkeit nehmen in dem Maße zu, wie die Wahrnehmung und Versorgung der Klientel abnimmt.

Auf diesem Wege entstehen Subsysteme, die mit tradierten Methoden und Angeboten nur sehr unscharf zu erkennen und zu korrigieren sind.

Unsere Straßensozialarbeit bietet die Möglichkeit und die politische Chance, die Klientel wieder in das Gemeinwesen zurückzuholen und damit das soziale Klima deutlich zu verbessern. 

Die Sozialpolitiker unserer Stadt wären gut beraten, der Straßensozialarbeit mehr Raum und finanzielle Unterstützung zu gewähren. Die originären Grundregeln der Volkswirtschaft: Investitionen im Jetzt bedeutet Sparen in der Zukunft bzw. Sparen durch Investitionen haben kaum zuvor eine so große Plausibilität gehabt, wie in der aktuellen Zeit.

2. Angebotsprofil, Darstellung unserer Leistungen und Angebote 

Im Haus der Jugend Großlohe unter unserer Regie wollen wir die Freizeitpädagogik als Pädagogik der frei verfügbaren Zeit verstehen. Für uns bedeutet dies eine weitgehende Reform klassischer freizeitpädagogischer Instrumentarien, Methoden und Angebote, wie sie in Häusern der Jugend üblich sind.

Für viele Jugendliche und vor allem Jungerwachsene in unserem Sozialraum gilt es, die frei verfügbare Zeit integrativ zu nutzen. Dem wachsenden Anteil an erwerbs- oder ausbildungslosen Jugendlichen in unserer Region, wollen wir mit konkreten Angeboten begegnen, die den Betroffenen den Weg in das Schul-, Ausbildungs- und/oder Erwerbssystem erleichtern oder ermöglichen.

Die durch den schärfer gewordenen Verdrängungswettbewerb auf der Strecke/Straße gebliebenen Jugendlichen und Jungerwachsenen sollen im Haus der Jugend Großlohe auch und vor allem auf die Lern- und Arbeitssysteme vorbereitet werden und ihre Ressourcen erweitern können.

Es besteht ohne zusätzliche Förderung die Gefahr, dass die Klientel so lange in Warteschleifen verbleibt, bis sie aus Altersgründen, spätestens mit 25 Jahren, aus jeglicher Förderung herausfällt und in die öffentliche Sozialhilfe abgedrängt wird.

Wir werden bestehende Angebote verknüpfen, weitere Module im Haus der Jugend entwickeln und mittelfristig versuchen, die Jugendämter und Ämter für soziale Dienste für die Einbeziehung von vorberuflichen Bildungsmaßnahmen in die öffentliche Erziehung zu gewinnen.

Die §§ 27 ff. KJHG sind gute und zukunftsweisende rechtliche Rahmenbedingungen, besonders konkrete Hilfen zur Erziehung einzubinden, die der Klientel den Einstieg oder Wiedereinstieg in das Lern-, Ausbildungs- und Arbeitssystem ermöglichen. 

Die später hier dargestellten konkreten Angebote können bereits in den ersten Erziehungskonferenzen in den Hilfeplan als Teil der öffentlichen Erziehungsförderung eingearbeitet werden. Auf diesem Wege wollen wir die Qualitätsstandards des Hauses der Jugend in Großlohe effektiver den Strukturen im Sozialraum anpassen.

Unsere praktischen Erfahrungen vor Ort zeigen, dass ein beträchtlicher Teil der Klientel mental oft den voreiligen Schullaufbahnprognosen folgt und ihre psychosoziale und intellektuelle Haltung den attestierten Befunden im biographischen Verlauf anpasst. Die auf diese Weise produzierte Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und der Mobilität erschwert den Zugang zur Zielgruppe für Förderungsprogramme. 

Daher werden wir die Zusammenarbeit mit den Schulen vor Ort intensivieren und auch Lehrer in unser Konzept und in die Ausgestaltung unserer Angebotsprofile im Haus der Jugend einbeziehen.

2.1 Integrationschancen durch handlungsorientierte Angebote im HdJ - Vernetzung mit vorhandenen Angebotsmodulen und -strukturen der Straßensozialarbeit Rahlstedt-

Bezüglich der Angebote und Ausstattungen eines Hauses der Jugend Großlohe setzen wir den Schwerpunkt auf ein lebenslanges Lernen und die Reduzierung von Lücken und Blockaden im schulischen, sozialen und motivationalen Bereich.

Dabei werden die Bereiche Elektroschweißen, Computertechnologie und Hilfen in elementaren Lernbereichen im Mittelpunkt stehen. An fünf Elekroschweißgeräten erhalten Jugendliche und Jungerwachsene die Möglichkeit, Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, die sinnvoll im Ausbildungs- und/oder Arbeitsbereich eingesetzt werden können. Mit diesen Vorkenntnissen und Fertigkeiten wird der Einstieg in eine Metallausbildung z.B. deutlich verbessert.

Die Betreuung dieses Bereichs wird von einem Schweißfachmann wahrgenommen, der fundierte Erfahrungen in der Jugendarbeit nachweist. 

Ferner streben wir an, besonders motivierte Jugendliche für die Schweißfachlehrgänge bei der Gewerbeförderungsanstalt zu rekrutieren. Die Inhaber von Schweißfachscheinen werden in der gewerblichen Wirtschaft rege nachgefragt. Die Verwertungsaussichten der Schweißer sind hoch. Die Theorieanforderungen sind bei entsprechender und vorgesehener Förderung für unsere Klientel zu bewältigen.

Die zweite Säule unserer Angebote bezieht sich auf Computertechnologien. Angestrebt wird der "Computerführerschein". Ein sowohl in der Jugendsozialarbeit als auch in der Computertechnologie gut ausgewiesener Mitarbeiter wird diese Schwerpunkte wahrnehmen.

An fünf Computerplätzen können Jugendliche und Jungerwachsene Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit dem PC erwerben und lernen den Computer als Arbeits- und Kommunikationsgerät kennen. In Vertiefungsphasen werden auch spezielle Techniken und Verfahren vorgestellt und trainiert.

Als Einstiegsphase werden die Geräte unter fachlicher Anleitung demontiert und ihre einzelnen Module bezüglich ihrer Wirkungsweise erklärt. Ziel dieser Stufe ist es, in ein Computergehäuse mit Netzteil das Mainboard, die Grafikkarte, Soundkarte, die RAM-Module, die Festplatte, das CD-Rom- und das Floppy-Laufwerk einzusetzen und Maus, Tastatur Bildschirm und Drucker anzuschließen. 

Die Vorstellung unterschiedlicher Betriebssysteme und Software-Programme leitet die zweite Stufe ein, in der das Betriebssystem und zunächst Office auf die Computer geladen werden. In dieser Phase werden die Möglichkeiten der Programme ergründet. 

Für besonders Interessierte und Motivierte soll schließlich der Computer als Informations- und Kommunikationstechnologie vorgestellt werden. Mit dem Einstieg in das Internet wird den Jugendlichen und Jungerwachsenen die sinnvolle Verbindung zur weltweiten Kommunikation dargestellt, ohne dass sie sich in den Maschen des Netzes verfangen.

Für ganz besonders Interessierte kann der Einstieg in die Programmiertechniken angeboten werden. Mit diesen technischen Angeboten verlassen wir ganz bewusst einen traditionellen Boden. Billard, Tischfußball und Tischtennis werden unserer Erfahrung nach immer weniger frequentiert. Zudem sind wir der Auffassung, dass gerade wir uns der veränderten Bedürfnislage unserer Klientel ausreichend zu stellen haben. 

Darüber hinaus sind wir davon überzeugt, dass der rechtzeitige und fachlich begleitete Umgang mit dem PC für unsere Jugendlichen und Jungerwachsenen eine gute Voraussetzung bietet, das Lernen an zeitgemäßen Beispielen und Technologien zu lernen. Wir sind sicher, dass dies die Motivationslage und die soziale Kompetenz als Schlüsselqualifikation im gemeinsamen Arbeiten deutlich verbessern hilft.

Ebenfalls für die Gruppe der Jugendlichen und Jungerwachsenen werden wir bedarfsgerechte Kurse in den Bereichen der Förderung im kognitiven Elementarbereich, Nachhilfe- und Förderunterricht anbieten. Wir sind uns einer regen Nachfrage dieser Angebote sicher. 

2.2 Integrationschancen durch soziokulturelle Angebote im HdJ 
- Ausbau und Nutzung von bestehenden Angeboten, Kooperationen und gewachsenen Sozialstrukturen -

Seit einigen Jahren ist der Döner-Laden am Großloher Einkaufszentrum der zentrale soziokulturelle Mittelpunkt des Viertels nicht nur für die Erwachsenen sondern auch für Kinder, Jugendliche und Jungerwachsene. Bei der heranwachsenden Generation muss sich das Haus der Jugend einen Stellenwert als Treffpunkt und Kommunikationsraum neu erarbeiten. Hierzu werden wir bestehende gewachsene Angebote und Elemente, die sich in 30 Jahren Jugendsozialarbeit bewährt haben mit neuen Angebotsformen mischen.

Das seit mehreren Jahren im HdJ bestehende Mädchencafé wird beibehalten und in Anlehnung an die Konzeption des Mädchencafés im Trollhaus, Potsdamer Straße weiterentwickelt und ausgebaut. Eine Ausweitung der praktischen Kooperation mit der Beratungsstelle Allerleirauh in Form von Selbstbehauptungskursen für kleine und größere Mädchen sowie Mitarbeiterinnenschulungen für den Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch wird angestrebt. Die als Kooperationsprojekt der Mädchenarbeit der Rahlstedter Jugendeinrichtungen und der Straßensozialarbeit seit 1982 regelmäßig in den Frühjahrs- und Herbstferien stattfindenden Mädchencamps werden Highlights der Mädchenarbeit im HdJ bleiben.

Die vorhandene Go Cart-Bahn wird selbstredend in das Angebot des Hauses weiterhin einbezogen. Die Betreuung und Wartung wird unter professioneller Hilfe des bisher für den Containerwerkstattbereich Verantwortlichen erfolgen. Es sind Go Cart-Rennen in Großlohe in Kooperation mit der Revierwache 38 geplant.

Wir beabsichtigen Sportangebote in der Halle der Grundschule Großlohering zu installieren. Geplant sind insbesondere Sportangebote für 13-17jährige Jungs am Freitagabend von 22 bis 1 Uhr. Entsprechende Hallenöffnungszeiten sollen in Zusammenarbeit mit Kommunalpolitikern ermöglicht werden. Des weiteren ist die Kontaktaufnahme mit dem Sieker Fußballverein angedacht.
Darüber hinaus sind das Angebot von Segel- und Paddeltouren auf der Alster sowie Hochseeangeln auf der Ostsee geplant.

Anknüpfend an die uns signalisierten Wünsche und Fähigkeiten verschiedenster Großloher Jugendlicher sollen kulturelle Angebote verstärkt verankert werden. Geplant ist ein über mehrere Jahre angelegtes Angebot von Gitarrenkursen, Breakdance und Stimmenausbildung. Eine Kooperation mit der Jugendmusikschule ist angedacht. Diese Kurse sollen von qualifizierten Honorarkräften aus unserem und benachbarten Vierteln geleitet werden. Geplant ist die Beantragung von Bundesmitteln.

Regelmäßige Discoveranstaltungen wie Kinderdisco, Jugenddisco und Mädchendisco werden den Freizeitbedürfnissen der Heranwachsenden entsprechend wieder installiert. Die organisatorische Umsetzung übernehmen verantwortungsbewusste ältere Jugendliche und Jungerwachsene.
Der Sehnsucht der Kinder und Jugendlichen nach dem Feiern von Festen muss als integraler Bestandteil von Jugendsozialarbeit Rechnung getragen werden. Jahreshighlights sind Osterfeuer, Sommerfest und Weihnachtsfeier.

Es werden unter Einbeziehung von engagierten Jungerwachsenen und Eltern regelmäßig Ferienreisen organisiert.
Darüber hinaus planen wir Wochenend- und Wochenreisen für alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern.

Wir legen großen Wert auf den Erhalt des pädagogischen Mittagstisches, dem bei dem Aufbau von Nachwuchsarbeit mit den Kindern und der Installierung von Schularbeitenhilfe eine zentrale Rolle zukommen wird.

Ständige Essensangebote im offenen Bereich in den Nachmittags- und Abendstunden sollen über eine enge Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe und der Stormarner Tafel gewährleistet werden. Angedacht ist es, die Essenszubereitung und -ausgabe u.a. im Rahmen von Arbeitsauflagen zu organisieren.

Altersgerechte, entstigmatisierende Aufklärung über Wirkungsweise und Gefahren legaler und illegaler Drogen sowie die Angebote des Hamburger Drogenhilfesystems soll in enger Zusammenarbeit mit dem VIVA-Wandsbek installiert werden.

Trainingsangebote "Gewalt verlernen", "Konflikte ohne Gewalt lösen" werden in Zusammenarbeit mit der Ganztagsschule Großlohering und der Förderschule Sieker Landstraße in Kooperation mit dem Gewaltpräventionsinstitut IKM initiiert.

Bei schweren innerfamiliären Krisensituationen und drohendem oder vollzogenem Rausschmiß aus dem Elternhaus werden die Mitarbeiter des Hauses der Jugend eng mit der Kollegin des Schlupfloch - Gästewohnungen für Jugendliche und Jungerwachsene - zusammenarbeiten.

Es soll in Gesamt-Großlohe eine Spielplatzbetreuung durch ältere Jugendliche installiert werden. Ziel soll es u.a. sein, Verantwortungsübernahme im Stadtteil und das Verantwortlichkeitsgefühl der "Großen" den "Kleinen" gegenüber, das in den letzten 20 Jahren immer mehr verloren ging, wieder Stück für Stück neu zu verankern. Angedacht ist es, in Kooperation mit der BWA Mittel aus dem ESF für die Honorare der Spielplatzbetreuer zu beantragen.

Grundsätzlich werden wir bei allen Angeboten im Haus der Jugend diejenigen Erwachsenen und Jungerwachsenen aus Großlohe einbeziehen, die bereit sind, sich für die Kinder und Jugendlichen im Viertel zu engagieren, sei es ehrenamtlich, als kurzfristige Helfer oder als Honorarmitarbeiter.

Es wird ein "Runder Tisch" des Hauses der Jugend gegründet für alle Eltern und Jungerwachsenen, die sich dem Haus und den Kindern und Jugendlichen, die dort kommen, verbunden fühlen.

3. In den Ghettos wächst die Facharbeiterlücke

Einerseits wird die drohende Facharbeiterlücke in Handwerk und Industrie beklagt, andererseits sind die Ausbildungseinstiegsanforderungen häufig deutlich überhöht. In vielen Elektro- und Metallberufen wird bereits das Abitur vorausgesetzt. Dagegen gibt das Berufsbildungsgesetz die Absolvierung der letzten Hauptschulklasse lediglich als Empfehlung vor. Der Gesetzgeber sieht keine verbindlichen Mindestanforderungen für den Einstieg in das Ausbildungsleben vor.

Das Dilemma wird deutlich: Viele Ausbildungsabsolventen in den gewerblichen und kaufmännischen Berufen verlassen nach der Ausbildung die Betriebe, um höhere Bildungsabschlüsse zu erzielen. Ausbildung wird damit mehr und mehr zum Durchlaufbetrieb. Fehlende Facharbeiter sind die Folgen. 

Die Vermittlung unserer Klientel in Industrie- und Handwerksberufe ist uns bislang gut gelungen. Die zusätzliche Begleitung der jugendlichen und jungerwachsenen Auszubildenden im Rahmen unserer Straßensozialarbeit ist und bleibt dabei das wesentliche Merkmal für den erfolgreichen Ausbildungsabschluss. Soziale Integration durch schulische Integration ist eine der Leitlinien unserer Arbeit.

Dieser Hilfestellung wollen und werden wir uns auch im Haus der Jugend Großlohe nicht versperren. Es mag auch die Kritik an unserem Ansatz der Freizeitpädagogik aufkommen, dass wir uns zu sehr auf lernorientierte Angebotsstrukturen konzentrieren. 

Jedoch, was hilft der Klientel alle Glückseligkeit in der Freizeitgestaltung, wenn sie darüber hinaus bei den Lern- und Ausbildungssystemen vor der Tür zu bleiben hat.

Wir betrachten es als zunehmend wichtigere Aufgabe, unserer Zielgruppe auch in einem Haus der Jugend mit angemessenen Methoden und Instrumenten den Weg in die gesellschaftliche Integration durch Ausbildung und Arbeit zu zeigen.

3.1 In der Förderung der Schwachen liegt die Stärke des Systems

In einer Zeit wachsender Konkurrenz in allen Lebensbereichen wird es zunehmend schwieriger, ein Forum für die Förderung leistungsschwächerer Mitmenschen zu finden. Größere Aufmerksamkeit wird dagegen in der Ursachenforschung und Schuldzuweisung von Benachteiligungen entfaltet.

Dass diese gesellschaftliche Grundstimmung besonders massiv auf die "Straßenkinder" durchschlägt, ist so logisch wie die Folgen erschreckend sind.

Patentrezepte für eine erfolgreiche Integrations- oder Reintegrationsarbeit kann auch die Straßensozialarbeit nicht liefern. Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass der Erfolg mit der Akzeptanz zu wachsen beginnt und die Akzeptanz mit dem Glauben an die positiven und kreativen Ressourcen unserer jungen Mitmenschen im Sozialraum entfaltet wird.

Von gelegentlichen Enttäuschungen sind auch hoch engagierte Sozialarbeiter der Straße sind nicht frei. Wir haben andererseits daraus aber auch lernen dürfen, dass uns Enttäuschungen immer dann besonders getroffen haben, wenn wir in unseren Erwartungen ungeduldig zusätzlich unbewusst Leistungsdruck aufgebaut haben. 

4. Jugenddelinquenz

Die seit Anfang 1998 bis zum Frühjahr 2003 laufende Studie des internationalen Strafrechts beim Max-Planck-Institut "Soziale Probleme und Jugenddelinquenz im sozialökologischen Kontext" analysiert den Zusammenhang zwischen Urbanität und delinquentem Verhalten. In der fast schon in Vergessenheit geratenen Abhandlung von Alexander Mitscherlich aus den 60-er Jahren "Die Unwirtlichkeit unserer Städte und die menschliche Aggressivität" wird schon früh auf die Folgen einer Städteplanung in Großsiedlungen hingewiesen. 

Anders als heute war seinerzeit die multikulturelle Diversifikation und Dichte eher undramatisch gewesen und die soziale Versorgung in den Brennpunkten durch Projekte mit engagierten Sozialarbeitern und -politikern durchaus lebendiger.

In der Studie des Max-Planck-Instituts werden besonders anschaulich signifikante Zusammenhänge von räumlichen Einflüssen und Delinquenz herausgearbeitet aber auch die Aspekte der sozialen Kontrolle in Großraumsiedungen gewürdigt. 

"Allen Ansätzen ist die Überlegung gemein, dass delinquentes Verhalten nicht nur durch individuelle, sondern auch durch soziale Kontextfaktoren beeinflusst wird, die in der konkreten räumlichen Umgebung der Menschen zu finden sind. (.....)." 

Zum einen führen räumliche Konzentrationen sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen in bestimmten Wohnquartieren über die Zunahme von Kontakten zu gleichfalls benachteiligten Personen und die Verminderung von Sozialkapital zu einer zusätzlichen Benachteiligung und letztlich zu einer Ausbreitung devianter Einstellungen und Verhaltensmuster, zum anderen verlieren diese Wohnquartiere ihre "kollektive Selbstwirksamkeit", um einer Ausbreitung von ‚Disorder' und Delinquenz effektiv entgegenzuwirken." (s. o.a. Studie)

Die Konzentrationseffekte schulischer und sozialer Benachteiligungen und das Kontrollverhalten der Eltern spielen dagegen eine weitaus größere Rolle für Jugenddelinquenz. Der Zerfall von Familienstrukturen fördert Delinquenz, wie auch Delinquenz den Zerfall von Familienstrukturen fördert. 

Die von uns diesbezüglich angebotenen Hilfen unter Einbeziehung der Angebote in einem Haus der Jugend Großlohe unter unserer Regie, wie wir sie in diesem Konzept darzustellen versucht haben, können sowohl dem Prozess der Kinder- und Jugenddelinquenz als auch der Eigendynamik und Reaktionsmuster in Familienkrisen und -konflikten unserer Klientel ausgleichend, konstruktiv und den Einzelnen in seinen Ressourcen fördernd, fordernd und orientierend entgegenwirken.

Wir sind der festen Überzeugung, dass soziale Arbeit auf der Straße in unseren Großsiedlungen sozialpolitisch und wissenschaftlich nur messbar sein kann, wenn ein wirklicher Dialog vor Ort mit den Exponenten und Entscheidungsträgern in der Wirtschafts-, Sozial-, Bildungs- und Kulturpolitik eingeleitet und die Aufmerksamkeit auf die möglichen und wahrscheinlichen Folgen der zu wenig beachteten Teilgruppe der Benachteiligten in unserer Gesellschaft geweckt wird. 

Jenseits aller Ideologien bleiben wir bezüglich der Förderung unserer Klientel sehr offen für den Dialog. 

4.1 Aggressionen als Sehnsucht nach Annahme und Geborgenheit?

Nicht nur Kinder, Jugendliche und Jungerwachsene drücken ihre Wünsche nach Geborgenheit, Sicherheit, Vertrautheit in den Erlebnisspannungen oft mit umgekehrten Reklamationen aus. Das zeigen nicht nur unsere Erfahrungen der sozialen Arbeit auf der Straße. 

Unser ganzheitlicher, situativer, bedürfnisorientierter und integrativer Ansatz lehrt uns, dass unsere Klientel mit oft unerwünschten und zu sanktionierenden Verhaltensmustern und Forderungen Fragen stellt, die nur beantwortet werden können, wenn wir als Systemelemente der Gesellschaft bereit sind, diese Fragen auch als unsere Fragen der Zukunft zu behandeln. 

Wo bleibt der globale Fortschritt, wenn der Einzelne (aus welchen Gründen auch immer) als Bodensatz und Sediment oder als Legitimation der Leistungsgesellschaft auf der Strecke bleibt? 

Wo bleibt denn die globale Gesellschaft, wenn die konkrete Hilfeleistung in konkreten Krisensituationen versagt? Wo wären die Menschen, die uns aufsuchten, geblieben, wenn selbst die soziale Arbeit der Straße Ganzheitlichkeit nicht ernst nehmen würde? Was wäre aus den unzähligen jungen Menschen und ihren Schicksalen geworden, wenn sie nicht vor der letzten Aussortierung angenommen und begleitet worden wären?

Wir glauben an unsere Vision, die jedem Menschen einen würdigen Platz in unserer Gesellschaft bietet. Wir glauben auch, dass unsere soziale Arbeit der Straße bei der Klientel die innere Kompassnadel auf Zukunft und Integration ausrichtet und sind fest davon überzeugt, dass uns und unsere Klientel diese Sehnsucht nach Annahme und Geborgenheit eint. 

Es ist dies eine Art eines gemeinsamen Konsens, der aus unterschiedlichen Standorten und Statusecken Begegnungen wachsen lässt. Die Perspektive unterscheidet sich nicht. Draußen vor der Tür zu stehen, beschreibt die Sehnsucht nach Einlass im Kleinen, wie auch im großen Wettbewerb der globalen Gesellschaft im Mitmachen-Wollen, -Dürfen und -Können.

In diesem Aneignungsprozess von Erfahrungen und den Visionen von Zukunft sind und bleiben wir unserer Klientel behilflich bei der Integration in unsere Systeme von Lernen und Leistungen, die gelegentlich mit Fortschritt und Innovation verwechselt werden.

4.1.1 Eigene und fremde Grenzen erfahren

Besonders bei Jugendlichen und Jungerwachsenen sind Grenzenlosigkeiten und damit auch Grenzüberschreitungen entscheidende Voraussetzungen, Identitäten und Standorte im gesellschaftlichen Ganzen zu entwickeln und am gesellschaftlichen Ganzen zu prüfen. Erinnern wir uns doch selbst!

Ohne diesen Prozess wäre Fortschritt undenkbar und wir säßen, frei nach E. Kästner, immer noch, behaart und mit böser Visage, auf den Bäumen.

Mit den von uns vorgestellten Aktivitäten und Interventionsinstrumentarien im Kontext des Hauses der Jugend in Großlohe werden wir, die Klientel in unserem Sozialraum abholen und ihr im gesellschaftlichen Wettbewerb Richtungen und Chancen geben, eigene Ressourcen in einem würdigen und integrierten Leben zu entdecken, auszubauen und zu entfalten.

Ohne Pathos glauben und bauen wir nach wie vor unbeirrt an Bedingungen, in denen jeder seinen Platz in Frieden und mit Orientierungen finden kann. Die Grundphilosophie unserer Arbeit beruht darauf, Menschen helfend zu begleiten und verantwortlich zu sein für den anderen ‚Fremden', ohne die eigenen und die ‚fremden Grenzen' zu überschreiten.

5. Perspektiven

Unsere gewachsenen Kontakte zur freien Wirtschaft, zu Schulen, zum Allgemeinen Sozialen Dienst, zur Handelskammer und zu Ausbildungsbetrieben, geben uns Gelassenheit in bezüglich der dargestellten Förderungsabsichten unserer Klientel im Sozialraum.

Spezielle und weitergehende Förderungen unserer Klientel werden wir über den ESF und i.S. unserer Ansätze realisieren.

Eine wissenschaftliche Begleitung unserer innovativen Projektierungen ist vorbereitet, um aus den Strukturanalysen die Effektivität der Integration unserer Klientel anpassen und beschleunigen zu können.