Standpunkte und Forderungen zum Thema "Jugend" und "Jugendkriminalität"

Jugendgewalt und Repression 

Wir wollen keine weitere Stigmatisierung und Kriminalisierung der (gesamten) Jugend, auch wenn feststellbar ist, daß es heute offenbar mehr Jugendliche unter den registrierten Straftätern gibt als zu früheren Zeiten. Wir wollen dies auf keinen Fall zu einem alleinigen Problem der 'Inneren Sicherheit' gemacht wissen, denn mehr Repression erzeugt stets auch mehr Gewalt. Die beiden folgenden Zitate deuten an, daß vielmehr der soziale Hintergrund dieser zunehmenden Gewaltphänomene dringend einer politischen Reparatur bedarf:

"Besorgniserregend ist in Wahrheit nicht die Jugend, sondern die Situation, in die sie hineinwächst." (DIE WOCHE v. 27.6.97) 

"In vielen Großstädten lebt heute schon jedes fünfte Kind in der ersten Klasse von der Sozialhilfe." (taz v. 3.9.97)

Wahlkämpfe mit der Angst der Bürger verschleiern diese gesellschaftlichen Ursachenzusammenhänge: Daß der Anstieg von Gewalt, Kriminalität und Drogenkonsum vor allem auch Ausdruck zunehmender sozialer Verelendung und moralischer Verunsicherung ist, für die es klare politische Verantwortlichkeiten gibt, gerät so beim Bürger aus dem Blickfeld. Auf diese Weise wird Armut kriminalisiert und zu einem ordnungspolitischen Problem gemacht. Armut ist jedoch durchaus als wirtschaftliche Gewalt zu betrachten, die an anderen Orten der Gesellschaft in anderer Form (Kriminalität, Drogen, etc.) wiederkehrt. (s.a. Pierre Bourdieu, Spiegel 50/97)

Insoweit können wir vor solchen Strategien zur angeblichen Stärkung der inneren Sicherheit - die im übrigen den Betroffenen mehr schaden als nützen und letztlich eher Panik und dumpfe Ressentiments befördern - nur warnen. Denn gerade in unserem Land sind 'braune und reaktionäre Gefühlstöne' fatalerweise oft sehr schnell aktiviert. Nicht von ungefähr bedankte sich die DVU bei der Hamburger SPD für die breite Präsentation dieses Themas im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 1997.

In diesem Kontext wollen wir auch keine ordnungspolitische Instrumentalisierung der Hamburger Straßensozialarbeit, wie dies vor einiger Zeit zur Befriedung der Drogenszene am Hauptbahnhof versucht wurde. Das 'Bettlerpapier' aus der Wrocklage-Behörde, welches den Kampf gegen die Armen und Ausgegrenzten beschwor, statt die Armut zu beseitigen, kann auf keinen Fall Arbeitsgrundlage für die Sozialarbeit in Hamburg sein. Der rot-grüne Senat sollte sich insoweit klar und deutlich von diesem Papier distanzieren. Schließlich kann man Wohnviertel und Stadtteile nur befrieden, in dem man die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Menschen bzw. der Betroffenen befriedigt. In St. Georg (um nur ein Beispiel zu nennen) würde eine Befriedung mit einem Heroinvergabeprogramm und mit mehr Fixerräumen (siehe Schweiz) mit Sicherheit eher gelingen als mit Zwangstherapien oder Vertreibung.

Wir wollen im übrigen keine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters und auch keine erneute Einrichtung von geschlossenen Heimen, weil wir von weitreichender sozialer Prävention, die Kriminalität im Vorfeld verhindern hilft, mehr halten. Wenngleich wir die Zunahme von Gewalttätigkeiten und Bewaffnung unter Jugendlichen natürlich problematisch finden und wir dieses Thema durchaus als Herausforderung für unsere pädagogische Arbeit begreifen. Dafür wäre es allerdings u.a. hilfreich, wenn diesbezüglich mehr qualifizierte und einrichtungsnahe Fortbildung für die Jugend(sozial)arbeiterInnen angeboten würde, um deren Handlungskompetenzen in Rahmen von etwaigen Gewaltsituationen zu erweitern (Stichwort: Konfliktmediation).

Hinsichtlich bestimmter Gewaltdelikte können wir uns auch für noch nicht strafmündige Gewalttäter die Teilnahme an 'außergerichtlichen Täter-Opfer-Konferenzen' die primär sozialpädagogischen Charakter heben müßten, vorstellen (unter Einbeziehung der Eltern bzw. der Familie des 'Täters'), zu der diese ggf. auch verpflichtet werden können. Das Modell der niederländischen 'Halt'-Büros finden wir in diesem Zusammenhang ebenfalls interessant. Knaststrafen halten wir in diesem Alter jedoch für inhuman; außerdem haben diese nachgewiesenermaßen keine positiv sozialisierende Wirkung. Wir brauchen also gesellschaftliche Reaktionen auf die zunehmende Jugenddelinquenz, die sowohl deutlich sanktionierenden Charakter haben, aber auch die psychosozialen Kompetenzen der einzelnen Straftäter fördern.

In diesem Sinne sind auch die Jugendknäste zu reformieren, denn Repressionen alleine haben noch keinen Menschen zum Guten verändert.

Wir wollen des weiteren die klare Arbeitsteilung, die zwischen der Polizei und der parteilichen Jugend-, Straßen- und Drogensozialarbeit besteht, als bewährte soziale und demokratische Tradition beibehalten. Erfahrungsaustausch und Fachgespräche darf und soll es natürlich geben; einen Austausch von Personendaten lehnen wir aus Gründen des Vertrauensschutzes allerdings ab. Wenngleich unsere Parteilichkeit mit der Zielgruppe in prekären Einzelfällen natürlich auch Grenzen kennt.

Trotzdem ist die Präsenz der Polizei im Viertel auch von uns durchaus erwünscht; allerdings weniger in Form martialischer Gebärden sondern vielmehr in der Rolle des ‚Freund und Helfers' mit entsprechender 'sozialkommunikativer' Kompetenz. Um hilfreiche Nähe zum Bürger herstellen zu können, halten wir es jedoch für sehr sinnvoll, daß die betreffenden Polizeibeamten zu Fuß (bzw. mit dem Fahrrad) im Einsatz sind.

Dennoch wollen wir unsererseits keine permanente Anwesenheit von Jugendschutzbeamten bzw. Zivilpolizei auf den Disco-Veranstaltungen der Jugendhäuser, da Musikveranstaltungen unter 'Polizeiaufsicht' für uns kaum noch etwas mit offener Jugendarbeit - die ja auch ein pädagogisches Profil hat - zu tun haben. Das schließt natürlich nicht aus, daß wir in Notfällen u.U. auf den Schutz der Polizei angewiesen sind.

Auch dem Konzept der Sicherheitskonferenzen (siehe Entwurf der GAL) stehen wir kritisch gegenüber, wenngleich wir die Forderung nach mehr stadtteilbezogener Bürgerbeteiligung richtig finden. Allerdings sollte der Fokus solcher runden Tische nicht primär auf die innere Sicherheit gerichtet sein, sondern eher die Bedarfe, Notlagen und Interessen des Viertels ins Visier nehmen (Kriminalitätsprävention wäre somit für uns also eher ein begrüßenswerter Nebeneffekt!). Der Einsatz von sogenannten Stadtteilmoderatoren, welche die Aufgabe hätten, die unterschiedlichen ethnischen und sozialen Gruppen an einen Tisch zu bringen (Stichwort: Empowerment), könnte in diesem Zusammenhang erheblichen Sinn machen.

Zur Gewaltprävention: Hilfe und Bedarfe 

Aus Sicht der Jugendarbeit brauchen wir den Erhalt und Ausbau der offenen und Jugendfreizeit- und Jugendsozialarbeit. Denn niedrigschwellige Treffpunkte sind als Orte sozialkommunikativer Geborgenheit für die Jugendlichen eines Stadtteils - in denen sie sowohl ihre Freizeit sinnvoll verbringen als auch Hilfe und Beratung erfahren können - heute notwendiger denn je und auch nicht durch sozialpädagogische Einzelmaßnahmen zu ersetzen. Der Bereich 'Hilfen zur Erziehung' ist zwar als sozialpädagogische Krisenintervention für den problematischen Einzelfall wichtig, ist aber als jugend- und sozialpolitisches Instrument unzureichend und auf längere Sicht - mit dem Anwachsen randständiger Zielgruppen und Milieus - nicht mehr zu bezahlen. Offene Jugendtreffs, die für die Kids leicht zugänglich sind und von ihnen auch emotional in Besitz genommen werden können, machen hier deshalb letztlich - gerade unter präventiven Gesichtspunkten - mehr Sinn.

Also, kein Stellenabbau in den Jugendhäusern! Wir brauchen mehr Jugendeinrichtungen statt weniger! Auch die Straßensozialarbeiterprojekte sind personell und sachlich angemessener auszustatten, da die Masse der Kids ihre freie Zeit heute mehr denn je mit dem Abenteuer 'Straße' verbringt!

Die evangelische Kirche sollte im übrigen den Sparkurs gegen ihre eigenen sozialen Einrichtungen und pädagogischen Mitarbeiter revidieren. Denn dort, wo Jugendeinrichtungen geschlossen werden, lassen die sozialen Folgeschäden im Stadtteil oft nicht lange auf sich warten.

Wir brauchen aber auch zusätzliche Angebote für die multiethnische Jugendszene in den Ballungszentren dieser Stadt, da die Konkurrenz der Gruppen und Cliquen aufgrund der Knappheit an Einrichtungen relativ groß ist. Durch diesen Mangel an Jugendtreffpunkten wird unnötigerweise Konfliktpotential gefördert. Überhaupt brauchen Jugendliche mehr soziale Räume und freie Plätze, wo sie geduldet werden und die sie auch in Eigenregie nutzen können ("Lebenswelten mitgestalten!" war das Motto des Jugendhilfetages 1992).

Bewährt haben sich auch neue Angebotsformen, wie Mitternachts-Basketball, Inline-Skating-Pipes, Go-Kart-Bahnen u.a.m., welche bei den jugendlichen TeilnehmerInnen große Zustimmung finden. Allerdings müssen für solche Dinge auch geeignete Förderinstrumente entwickelt werden, damit man als SozialarbeiterIn nicht nur auf 'Bettelgang' ist.

In diesen krisengeschüttelten Zeiten benötigen wir darüber hinaus auch mehr Bordmittel für jugendspezifische Überlebenshilfeangebote, wie Krisenwohnungen, Übernachtungsplätze, Essensangebote, Jobs zum Geld verdienen u.a.m. Außerdem brauchen wir mehr Treffpunkte für ältere Jugendliche, die aus den klassischen Kinder- und Jugendhäusern aufgrund ihres Alters herausfallen.

Gesamtgesellschaftlich sind natürlich mehr Lehrstellen und Ausbildungsplatzprogramme bereitzustellen, um zu gewährleisten, daß jeder Jugendliche sein Recht auf eine angemessene Ausbildung verwirklichen kann. Des weiteren muß endlich die Umverteilung von Arbeit kreativ angegangen werden.

In Bezug auf Arbeit und Ausbildung müssen insbesondere auch Jugendliche ausländischer Herkunft berücksichtigt werden, denn deren soziale Integration ist zunehmend gefährdet. In diesem Kontext benötigen wir endlich eine konstruktive Einwanderungspolitik und eine Modernisierung unseres Staatsbürgerschaftsrechts hin zu europäischem Niveau. Alle, die hier geboren sind, sollten die Chance bekommen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Nur so kann die Rückbesinnung auf fundamentalistische Werte, die u.a. bei einigen türkischen Jugendlichen zu beobachten ist, gebremst werden. Wenn wir wollen, daß diese Kids sich für unsere demokratischen und humanistischen Grundwerte interessieren, muß diese Gesellschaft ihnen auch die Hand reichen. Hier ist also die Politik dringend zur Neugestaltung aufgerufen.

In den Jugendeinrichtungen und in anderen öffentlichen Bereichen benötigen wir wesentlich mehr 'ausländische' KollegInnen, um mit den Jugendlichen der verschiedenen Einwandererkulturen adäquater umgehen zu können. Dazu ist es aber erforderlich, die Einstellungsbedingungen hinsichtlich der Qualitätsanforderungen entsprechend flexibel zu handhaben. Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung mit interkulturellen Arbeitsansätzen zu fördern.

Drogenspezifisch benötigen wir heute eine zeitgemäße Drogenaufklärung, die über die diversen im Umlauf befindlichen Drogen vernünftig aufklärt - auch im Sinne von Safer-Use. Des weiteren brauchen wir in den Stadtteilen ambulante Entzugsmöglichkeiten (mit Akupunktur) sowie suchtstoffübergreifende Drogenberatungseinrichtungen. Außerdem brauchen wir mehr milieugerechte Wohn- und Therapieplätze für jugendliche Drogenabhängige. Aber auch über das Thema 'Alternativen zum Drogenkonsum' (funktionale Äquivalente) muß wieder verstärkt nachgedacht werden.

Schule reformieren! 

Wir denken, daß die Schule mit der Kompensation der psychosozialen Defizite, die immer mehr SchülerInnen aufweisen, zwar im Sinne ihres Erziehungsauftrages gefordert, aber auch gleichzeitig überfordert ist. Um eine halbwegs sinnhafte sozialpädagogische Begleitung schulischer Bildungsarbeit zu gewährleisten, muß die Schule personell und sachlich erheblich besser sowie multiprofessionell ausgestattet werden. Den Lehrern einfach nur mehr Problemverantwortung und mehr Unterrichtsstunden aufzudrücken, ist in der jetzigen gesellschaftlichen Situation absolut kontraproduktiv und fördert bei den Schulpädagogen eher Resignation und Burning Out-Symptome statt Engagement und Kreativität. Allerdings vermissen wir in dieser Hinsicht auch einen konzertierten 'Aufschrei' der Hamburger Lehrerschaft. Konkret sind die Schulen zur Moderation und Bearbeitung von Konflikten, Streit und Gewalt mit einem Hilfs- und Beratungsdienst auszustatten, wie dies an einigen Gesamtschulen schon der Fall ist und wo bereits positive Erfahrungen vorliegen.

Gleichzeitig muß die Schule sich zum Stadtteil hin öffnen. Das Schulgelände sollte auch am Nachmittag und am Wochenende für die Kids zugänglich und nutzbar sein.

Darüber hinaus muß der Schulbetrieb im Alltag erheblich mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten für die Schüler bereithalten, will die Gesellschaft erreichen, daß junge Menschen soziale Verantwortung und demokratischen Umgang konkret erlernen können. (s.a.: H. v. Hentig, "Die Schule neu denken")

Auch muß das wirkliche Leben der Kids mit seinen konkreten Schwierigkeiten und Anforderungen im Sinne einer ganzheitlichen Pädagogik viel stärker in die schulischen Lernprozesse einfließen. (vergl. z.B. Prof. Bärsch, STRASO-WERKBUCH '94)

Gewaltförderung durch Film und Fernsehen 

Wir finden es erfreulich, daß es inzwischen einen Kinderfernsehkanal gibt, der die seelische Reife von Kindern bei der Programmgestaltung entsprechend berücksichtigt. Die Nachahmung von Gewalt und Brutalität, die im Fernsehen in einem nach wie vor ansteigenden und erschreckenden Ausmaß gezeigt wird, ist im Rahmen ursachenbezogener Betrachtungen bisher viel zu oft ausgeblendet worden.

Den Bildmedien kommt hier - im Grunde genommen - eine enorme gesellschaftliche Verantwortung zu, der sie kaum gerecht werden. Es wird ganz offensichtlich verdrängt, daß sehr viele Filme die gewaltspezifische Faszination eindeutig fördern. Die Kinder lernen u.E. schon frühzeitig, daß die Ausübung von Gewalt und Macht offenbar große Bedeutung für die Erwachsenengesellschäft hat. Das Argument, diese Form des schädlichen Einflusses von Film und Fernsehen sei letztlich nicht belegbar, halten wir schon deshalb nicht für stichhaltig, weil die Konsumindustrie sicher nicht Milliardensummen für Werbesendungen ausgeben würde, wenn diese keinerlei nachhaltigen Einfluß auf die KonsumentInnen hätte.

Zur Rotstiftpolitik und Finanznot der Kommunen 

Wir sehen zwar, daß die Finanznot der Kommunen vorhanden ist, aber auch dadurch erzeugt ist, daß man den Wohlhabenden und Großunternehmen zu viele Steuerschlupflöcher beläßt, die dringend durch eine geeignete Steuerreform geschlossen werden müßten. Feststellbar ist in diesem Kontext, daß auch die großen internationalen Finanzmärkte zunehmend dem staatlichen Zugriff entgleiten.

Zur Kompensation dieser Misere versucht die Politik, Haushaltslöcher und Einnahmedefizite durch Ausgabenstops zu stopfen, worunter sowohl unsere Zielgruppen, die immer mehr verelenden, als auch die sozialen Hilfseinrichtungen zu leiden haben.

Aus unserer Sicht sind deshalb die sogenannten neuen Steuerungsmodelle ein Instrument der Rotstiftpolitik, die in erster Linie dazu dienen, die vorhandenen knappen Ressourcen flexibel umsteuern zu können, was im Endeffekt Stellenabbau und Schließung einzelner Einrichtungen bedeutet.

Die in dem Zusammenhang eingeführte betriebswirtschaftliche Sprachoffensive, die unsere Klienten zu Kunden, den empathischen Sozialarbeiter zum Leistungsanbieter und unsere gemeinnützigen - in der Regel unentgeltlichen - Beratungs- und Hilfsangebote zu Produkten stilisiert, ist u.E. Teil einer politisch-ökonomischen Revolution der Deregulierung, die dem Abbau sozialer Verantwortung des Staates dient und von fanatischen Markwirtschafts-Ideologen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft betrieben wird.

Wir lehnen als überzeugte Humanisten die schleichende Kommerzialisierung sozialer Arbeit ab, denn wir glauben, daß soziale Hilfe und Beratung einer menschlichen Vertrauensgrundlage bedürfen, die nicht von den Verwertungsinteressen der großen Geldmaschinerie beeinträchtigt werden darf.

In Anbetracht der immer größer werdender Problem- und Aufgabenzuwächse, die in der Jugend- und Drogenhilfe zu verzeichnen sind und die künftig nicht mehr ohne den adäquaten Ausbau der Kapazitäten zu bewältigen sein werden, lehnen wir selbstverständlich Haushaltskürzungen in diesen Bereichen kategorisch ab.

Statt dessen fordern wir die Politik auf, endlich die gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit - zum Beispiel die enorm hohe Erwerbslosigkeit sowie die skandalöse Verarmung und Verreichung - anzupacken und deren Folgewirkungen nicht einfach dem Repressionsapparat zu überantworten. Die Umverteilung der Arbeit und der Arbeitslosigkeit (U. Beck) sowie die Realisierung einer sozialen Steuerreform, welche den obszönen Reichtum ein Stück umverteilen hilft, steht für uns auf der politischen Tagesordnung ganz oben. Dies wären im übrigen Maßnahmen, die der Vorbeugung von Gewalt und Kriminalität ganz grundsätzlich dienen würden.

Die Sozialarbeit wird die enorme Last der zunehmenden sozialen Probleme jedenfalls nur mildern, aber weiß Gott nicht lösen können. Doch so lange Politik und Gesellschaft die genannten notwendigen sozialen Reformen vor sich herschieben, wird man auch bei der Gewalt- und Kriminalitätsproblematik, die ganz wesentlich auch als gesellschaftlicher Ausdruck einer dramatischen Entsolidarisierung zu betrachten ist, keine entscheidenden Verbesserungen erreichen können.

Den rot-grünen Senat in Hamburg fragen wir sehr konkret, wie er sich die Zukunft der Jugend und der Jugend(sozial)arbeit in Hamburg - in Anbetracht der enormen, hier skizzierten, Problemzuwächse vorstellt?!? Wir haben gehört, 1.000 Ausbildungsplätze für Jugendliche sollen geschaffen werden. Wie, wo und wann soll dies geschehen? Die Jugendgerichtsverfahren sollen gestrafft werden. Gut, aber was soll darüber hinaus noch passieren??

"Jeder Dollar, der in Prävention investiert wird, spart sieben Dollar bei Strafverfolgung und Justiz."

(Matt Rodriguez, Polizeichef von Chicago, auf einer Tagung des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden; Hamburger Abendblatt vom 17.12.97).